Preisdruck in der Kreuzfahrtbranche weitgehend hausgemacht

Neu auf dem Kreuzfahrtmarkt - die VASCO DA GAMA Foto: TransOcean Kreuzfahrten

Die Buchungssituation verunsichert gegenwärtig die deutsche Reisebranche. Es ist weniger eine sinkende Zahl an Gästen, die beunruhigt, vielmehr ist es der spürbare Preisdruck. Im Kreuzfahrtsektor ist die Welt eigentlich noch in Ordnung. Die Buchungszahlen liegen deutlich über dem Gesamtdurchschnitt der Branche. Dass es dennoch auch in diesem touristischen Teilsegment zu eher pessimistischen Aussagen kommt, ist weitgehend hausgemacht.

Zurückzuführen ist der Druck, der gegenwärtig auf der Branche liegt, vor allem auf den Zugang neuer Kapazitäten. So erfordert allein die AIDAnova, die überwiegend wochenweise eingesetzt wird, nahezu 400.000 zusätzliche Passagiere, wenn das Schiff ausgelastet fahren soll. Hinzu kommt dann noch die Neueinführung der MEIN SCHIFF 2, deren Kapazität nicht durch die Abgabe ihrer Namensvorgängerin kompensiert wurde. Einige weitere Kapazitäten, wie die VASCO DA GAMA und einige kleinere Kreuzfahrtschiffe lassen die Gesamtkapazitäten in diesem Jahr um bis zu 500.000 zusätzliche Betten steigen. Ein gewaltiges Volumen, das die Zahl der Passagiere in diesem Jahr auf nahezu 2,8 Millionen (2018 waren es fast 2,3 Millionen) hochschnellen lässt. Die Kreuzfahrtbranche wird auch diesen Zuwachs verkraften, allerdings zu Lasten des Preisniveaus und damit Gewinns. Die Carnival-Gruppe räumte diesen Preisdruck in Europa bei ihren Marken schon im zweiten Quartal ihres Geschäftsjahres ein.

Beobachter und Wettbewerber von AIDA Kreuzfahrten bemängeln vor allem die Tatsache, dass das Unternehmen von Beginn an für die „AIDAnova“ Preissenkungen vorgesehen hat, um das oberste Ziel, die weitgehende Vollauslastung, auch erreichen zu können. Dazu hatte das Unternehmen aus Miami „grünes Licht“ bekommen, denn für die Amerikaner hat die Auslastung immer Priorität, so dass die Yield-Abteilungen entsprechend kalkulieren mussten. Bei AIDA kam außerdem hinzu, dass die Abspaltung des Vertriebs in Deutschland von dem der Muttergesellschaft Costa ebenfalls zu einem erheblichen Druck führte. Die neu zusammengestellte Costa-Vertriebsmannschaft erzielte in der kurzen Zeit, in der sie den Markt bearbeitet, bereits einen erstaunlichen Erfolg. Gegenwärtig liegen die Buchungen 20 Prozent über denen des Vorjahres. Allerdings erwartet auch Costa mit der Indienststellung der COSTA SMERALDA eine große Herausforderung, die allerdings auf mehrere Märkte verteilt wird. Erstaunlich ist, dass in dieser Situation die Position der Marketingleitung bei AIDA mit dem Abgang von Gerlinde Leichtfried-Dehn seit Monaten nicht wieder besetzt wird. Und auch im Sales-Bereich scheint das Unternehmen wenig Glück bei der Auswahl ihres Führungspersonals zu haben (siehe unter Namen). Immerhin bemüht sich das Unternehmen, Schwachpunkte in der Argumentation gegenüber dem Reisebüro-Vertrieb, wie den Besitz der Direkt-Vermarktungstochter Seetours, zu beseitigen. Hier wird seit einiger Zeit ein professioneller Partner gesucht. Erstaunlich ist allerdings das Festhalten an der Klausel, dass Onliner über ein stationäres Reisebüro verfügen müssen, um eine Agenturnummer bei dem Marktführer zu erhalten. Zeitgemäß ist das nicht mehr.

So stabil und robust der deutsche Kreuzfahrtmarkt auch ist, von geopolitischen Einflüssen kann auch er sich nicht abkoppeln. So droht in einem wichtigen Fahrtgebiet, dem Arabischen Golf, eine latente Gefahr, die vor allem deutsche Veranstalter trifft. Noch gibt es nach Auskunft der Reedereien keine Buchungszurückhaltung für Reisen ab Dubai, aber bei einer unberechenbaren Trump-Administration kann sich das schnell ändern. Daher liegen schon jetzt variable Fahrpläne für den Ernstfall vor, wobei allerdings der asiatische Raum kaum genutzt werden kann. Denn die Chinesen müssen sparen. Die Zeiten, in denen Familien für ihre Kinder nahezu jede Summe zur Verfügung stellten, damit diese eine Auslandsreise – auch auf einen Kreuzfahrtschiff – antreten konnten, sind seltener geworden. Das zeigt sich auch bei der Pauschaltouristik. Anstatt europäische Ziele bevorzugen chinesische Reisende plötzlich Moskau und andere russische Städte, auch begünstigt durch die Rubelschwäche. Ein Phänomen, das übrigens auch deutsche Pauschalveranstalter bemerken, die in diesem Jahr vermutlich deutlich zu den Verlierern zählen dürften. Daher mehren sich auch die Versuche der etwas größeren Pauschalveranstalter, sich nun auch dem Kreuzfahrtmarkt zu nähern. Statt eigener Vollcharterschiffe wird gegenwärtig noch über einzelne Vollcharterreisen verhandelt, aber der Anfang ist gemacht.