Kommentar

Nach den vielen Rückblicken auf 2018 ist es nun an der Zeit, einmal einen Blick in die Zukunft zu wagen. Auch dazu gibt es eine Reihe von Daten, Umfragen und Analysen. Weltweit erwarten die Wissenschaftler aufgrund der gestörten Handelsbeziehungen zwischen den beiden Supermächten China und den USA einen Dämpfer. Das weltweite Wirtschaftswachstum dürfte daher die Wachstumsquote von leicht mehr als drei Prozent 2019 nicht mehr erreichen. Gegenwärtig wird aber immerhin noch von 2,9 Prozent ausgegangen.

Deutsches Wirtschaftswachstum deutlich abgeschwächt

Auf die Bundesrepublik trifft diese Prognose nicht zu. Hier werden inzwischen nur noch 1,7 Prozent Zuwachs erwartet, gegenüber 2,3 Prozent, die noch vor wenigen Monaten prognostiziert wurden. Eine deutliche Konjunkturabschwächung. Außerdem zeichnet sich in Deutschland die Wirkung einer zunehmend folgenschweren Veränderung ab. Mit dem in den 1970er-Jahren eingeschlagenen Neoliberalismus öffnet sich Jahr für Jahr die Schere zwischen „arm“ und „reich“ immer mehr. Das bedeutet, zur Stützung der Bürger, die unter und knapp über der Armutsgrenze liegen, muss immer mehr Kapital zur Verfügung gestellt werden. Das ist machbar, solange die Arbeitslosenquote – wie gegenwärtig – unter fünf Prozent liegt und die Staatseinnahmen dank florierender Wirtschaftszweige über den Etats der Staatshaushalte liegen. Allerdings ist die Schlussfolgerung daraus, Deutschland sei ein reiches Land, wie es vor allem Politiker aus durchsichtigen Gründen permanent wiederholen, trügerisch. Denn durch die starke Erhöhung der Sozialausgaben wurden andere ebenfalls sehr wichtige Aufgaben sträflich vernachlässigt. Das Ergebnis: eine bisher in ihrem Ausmaß unbekannte marode Infrastruktur mit einem kaum noch zu beziffernden Reparaturbedarf, ob im Straßen- oder Brückenbau, bei der Bundesbahn, beim Ausbau von Flüssen und Kanälen bis hin zur fehlenden Vernetzung der
bundesweiten Stromtrassen, die der übereilt beschlossenen Schließung der Atom- und jetzt auch Kohlekraftwerke nicht folgen kann und der Bundesrepublik die höchsten Strompreise in der EU beschert.

Schlüsselindustrien stehen zunehmend vor Herausforderungen

Auch für die Bauindustrie wurden falsche Signale gesetzt. Zwar werden dringend neue Wohnungen gebraucht, aber eine Unzahl von Vorschriften, die sich teilweise sogar widersprechen, hindern Investoren, in den preiswerten Wohnungsbau zu investieren, da sich die Rendite trotz hoher Mieten nicht lohnt. Die Politik hat es auch hier versäumt, die schon vor vielen Jahren erkennbare Wohnungsnot durch die regelmäßige Stärkung des sozialen Wohnungsbaus abzumildern. Das gilt auch für den Schulbau. Weit mehr als 50 Prozent aller deutschen Schulgebäude sind renovierungsbedürftig und dazu noch schlecht ausgerüstet.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die gegenwärtige Berliner Koalition, die ihren Haushalt auf der Maxime, keine neuen Schulden zu machen, aufbaut, die Kraft hat, die Weichen spürbar neu zu stellen. Aber auch beim „weiter so wie bisher“ muss die Wirtschaft florieren. Eigentlich auch das vorrangige Ziel jeder Unternehmensführung, die im Neoliberalismus davon profitiert, dass sie weitgehend frei von staatlichen Zwängen agieren kann. Aber in den vergangenen Jahren erlebten mehrere Schlüsselindustrien dabei schwere Rückschläge. Das Bankensystem strauchelte in eine schwere Krise, mit ausgelöst durch fehlende behördliche Aufsichten. Landesbanken, von Politikern in den Aufsichtsräten überwacht, verstrickten sich in dubiosen Geschäften, andere Institute erfanden riskante Derivate. In der Autoindustrie ist vor allem in Deutschland ebenfalls die Politik maßgeblich daran beteiligt, mit übertriebenen Schadstoff-Grenzwerten einen Industriezweig zu schädigen, auf dessen wirtschaftlichen Ergebnissen ein großer Teil des Wohlstandes basiert. Bisher ist nachweislich noch kein Bürger an einer CO2-Vergiftung gestorben, es sei denn, er wählte einen Suizid im eigenen Wagen. Natürlich ist der Betrug, mit dem die Autobauer auf die schwer einzuhaltenden Vorschriften reagierten, strafwürdig. Eine Folge von Ursache und Wirkung. Ähnliches gilt für die Chemieindustrie und die Landwirtschaft. Nuturschutz ist wichtig, kann aber ohne Augenmaß sehr schnell zu einem großen Schaden führen, für den dann niemand mehr verantwortlich sein will.

Die „Großwetterlage“ hat natürlich auch Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft. Für sie werden die Zukunftserwartungen recht präzise durch Umfragen erarbeitet. Eine davon liefert die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt. Dort heißt es, das Geschäftsklima im Mittelstand setze die Entwicklung des Vormonats fort und gehe – geprägt von auf hohem Niveau nachlassenden Lageeinschätzungen und deutlich pessimistischeren Erwartungen – um 3,1 Zähler nach unten. Mit 11,2 Saldenpunkten liege es jedoch noch immer auf einem weit überdurchschnittlichen Niveau, das bis zum Stimmungsboom der beiden vergangenen Jahre kaum erreicht wurde, so das aktuelle KfW-Ifo-Mittelstandsbarometer. Danach sinken die Lagebeurteilungen der Mittelständler um 1,6 Zähler auf 24,9 Saldenpunkte, können aber angesichts des vorangegangenen stürmischen Anstiegs seit Ende 2016 immer noch als exzellent angesehen werden.

Abwärtstrend beim Geschäftsklima

Ganz anders die Geschäftserwartungen: Sie geben um 4,5 Zähler deutlich nach und liegen nun mit minus 1,4 Saldenpunkten erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder leicht unter dem langjährigen Durchschnitt.

Das Geschäftsklima der Großunternehmen kehrt nach einer zaghaften Erholung im Vormonat wieder auf den seit mehr als einem Jahr vorherrschenden Abwärtstrend zurück. Es sinkt um minus 1,4 Zähler auf 6,1 Saldenpunkte, was einerseits auf eine verschlechterte Lage (minus 1,7 Zähler auf 15,3 Saldenpunkte) und andererseits auf eine pessimistischere Zukunftseinschätzung (minus 1,1 Zähler auf minus 2,4 Saldenpunkte) zurückgeht.

Beim Blick auf die Branchen zeigen sich die kleinen und mittleren Unternehmen besonders skeptisch: Ihre Geschäftserwartungen sinken rapide um 6,6 Zähler auf minus 7,3 Saldenpunkte, ebenso wie ihre Exporterwartungen (minus 5,8 Zähler). Die Lageeinschätzung hält sich demgegenüber auf einem hohen Niveau (plus 0,4 Zähler auf 22,0 Saldenpunkte). Insgesamt geht das Geschäftsklima der mittelständischen Industrie um 3,4 Zähler auf 6,5 Saldenpunkte nach unten. Leicht positiv entwickelt sich außerdem das Geschäftsklima der mittelständischen Einzelhändler (plus 0,6 Zähler auf 12,2 Saldenpunkte), während sich die großen Einzelhändler deutlich pessimistischer zeigen (minus 5,4 Zähler auf minus 6,5 Saldenpunkte).

„Schon seit längerer Zeit gehen die Lage- und Erwartungseinschätzungen immer weiter auseinander. Man könnte daraus schließen, dass der konjunkturelle Schwung weiter nachlässt. Allerdings haben die Lagebeurteilungen die konjunkturelle Dynamik zuletzt häufig überzeichnet. Deshalb bedeuten die nüchternen Geschäftserwartungen für das erste Halbjahr 2019 nicht automatisch ein geringeres BIP-Wachstum als im Vorjahr, sondern sie könnten auch von den zuletzt mehrfach abwärts revidierten Konjunkturprognosen beeinflusst worden sein“, sagt Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW. „Zudem ziehen hartnäckige Konjunkturrisiken wie ein Brexit ohne Austrittsabkommen oder eine Anhebung der US-Zölle auf europäische Automobile die Erwartungen nach unten. Solange sich aber die akutesten Risiken in den nächsten Monaten nicht materialisieren, dürfte die deutsche Wirtschaft dank einer starken Binnennachfrage mit einem ordentlichen Tempo weiter wachsen. KfW Research rechnet für 2019 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent.“

Schwächelt auch die Kreuzfahrt?

Der Trend gilt auch für die Kreuzfahrtindustrie. Die etwas pessimistischeren Erwartungen basieren unter anderem auf einer zunehmenden Digitalisierung im Vertrieb, der vor allem den stationären Vertrieb – vor allem Reisebüros – vor große Probleme stellt und sie dazu zwingt, über Plattformen nachzudenken, die einzelne Mittelständler kaum darstellen können. Und es verändert sich allmählich auch die Zahlungskraft der Nachfrager. Es kommen jetzt zunehmend ältere Menschen hinzu, die nicht mehr über die üppigen Renten und Reserven verfügen wie die Pensionäre vergangener Jahre. Mit einiger Spannung sieht die Kreuzfahrtindustrie daher auf die Geschäfte in den kommenden zwei Monaten. Im Dezember 2018 war die Nachfrage nach Kreuzfahrten nach Aussage der Reisebüros erstaunlich schwach trotz der Frühbucherangebote. Sollte das bereits ein Warnzeichen für das Jahr 2019 gewesen sein? Darauf werden die Zahlen der eigentlich verkaufsstarken Monate Januar und Februar eine erste Antwort geben.