Kreuzfahrten werden nach Corona teurer werden - die Frage ist nur wie viel.

Ein ernstes Problem in den kommenden Jahren dürfte für viele Unternehmen und Selbstständige und vor allem auch den Staat, die Länder und Kommunen die Schuldenlast sein, die die Pandemie hinterlässt. Wer gegenwärtig noch dabei ist, nach weiteren Quellen notwendiger Liquidität zu suchen, darf nicht vergessen, auch in die Zukunft zu schauen: Wer soll das bezahlen? 

In der Kreuzfahrtindustrie gibt es bei solchen Überlegungen mehrere Ansätze. Zurzeit grübeln die Planer bei den Produzenten darüber nach, mit welchen Preisen sie nach den allmählich auslaufenden Pandemieeinflüssen wieder mit voller Kapazität auf den Markt zurückkehren können. Michael Thamm, CEO der Costa-Gruppe, zu der auch AIDA gehört, nannte kürzlich 15 bis 20 Prozent als die Preiserhöhungsquote, die seine Unternehmen brauchen, um neben dem Schuldenabbau auch noch eine vertretbare Rendite zu erzielen.

Dabei ist jedoch der Passagier ein großer Unbekannter. Wird er vor allem im Volumenmarkt Preiserhöhungen akzeptieren? Es wird wohl sehr schwierig sein und bedarf einer Reihe von „Preisfindungsversuchen“, um eine optimale Bandbreite zu erkennen. Außerdem wird sich möglicherweise die Einnahmestruktur anpassen müssen. An-Bord-Umsätze wie Landausflüge, Unterhaltung und Getränke dürften an Bedeutung zunehmen und man könnte auch darüber nachdenken, ob nicht eine höhere Servicegebühr den Gesamtumsatz stärken könnte.

Aber die Reedereien müssen nicht nur auf ihre Umsätze, sondern auch auf sehr genau auf ihre Ausgaben achten. Das gilt insbesondere für die Provisionen, die sie dem Vertrieb zahlen müssen. Denn der wird mit den bisherigen Quoten und Umsatzstufen kaum in der Lage sein, Renditen und Schuldenabbau zu stemmen. Die von vielen Reedereien inzwischen angehobene Mindestprovision in Höhe von zehn Prozent ist das Mindeste, was der Vertrieb verlangt. Er wird auch darauf achten, ob vor allem im Volumenbereich Angebote von weniger als 600 oder sogar bis unter 500 Euro für eine Woche Mittelmeer mit An- und Abreise noch sinnvoll bearbeitet werden können.

Diese Überlegung stellten kürzlich auch Kuoni und Hotelplan in der Schweiz an. „Wir haben uns schon vor der Pandemie überlegt, ob wir überhaupt noch Angebote von Costa, AIDA, MSC Cruises oder TUI Cruises bearbeiten und haben uns dagegen entschieden“, sagt Cornelia Gemperle, Chefin von Kuoni Cruises in Zürich. Das bedeutet, Reisebüros, die bisher Buchungen für die vier Reedereien über Kuoni abwickelten, müssen das künftig direkt mit den Reedereien erledigen. Das gilt für den Fremdvertrieb, auf den rund 60 Prozent der Buchungen entfallen, wie für die eigenen Filialen. Kein Wunder, denn bei einer Provision in Höhe von 15 bis 16 Prozent muss Kuoni zehn Prozent an die Agenturen abgeben, es verbleibt eine viel zu niedrige Marge. „Wenn dann noch Produkte hinzukommen, die kompliziert sind sowie Einflüsse der Yield-Abteilung der Reedereien, lohnt es sich für uns nicht mehr“, so Gemperle. Beratung und Know-how-Transfer muss daher in Zukunft verstärkt der Außendienst der Reedereien übernehmen.

Ähnlich argumentiert Oliver Hiltpold, Direktor Touroperating Hotelplan & Migros Reisen. Als Ausgleich will Gemperle künftig höherwertige Produkte fördern und die Angebotspalette sogar mit kleineren Schiffen – wie Yachten – und andere Nischenprodukte ausbauen. Hinzu kommt auch bei Kuoni, dass der Stellenabbau des Konzerns auch die Cruise-Abteilung trifft. Er dürfte durch die Buchungsreduzierung leichter zu bewältigen sein. Aus Sicht ausländischer Anbieter ist das Herunterfahren der Buchungsbearbeitung und die Einstellung der Reisebürounterstützung deutlich leichter in der Schweiz als in anderen europäischen Märkten durchzusetzen, da dort gehobene Ansprüche und die damit verbundenen höheren Preise aufgrund des höheren Durchschnittseinkommens auch durchsetzbar sind. Aus Sicht der betroffenen Reedereien dürfte sich jedoch wenig ändern. Lediglich auf den Außendienst kommt mehr Beratungsbedarf zu. 

Ein ganz anderer Aspekt ist die Zunahme der Direktbuchungen. Die dürften in ganz Europa zunehmen. Aber richtig Fahrt aufnehmen werden diese Direktverkäufe wohl erst, wenn die Buchungen einfacher werden. Davon ist die Kreuzfahrtindustrie jedoch noch weit entfernt und gilt unverändert als erklärungsbedürftig. Wer aber Volumenschiffe füllen will, braucht das „Angebot von der Stange“, das es bei vielen Pauschalreisen, dem wichtigsten Angebot, bereits gibt. Sicherheit ist nach den Erfahrungen, die viele Reisende in diesem Jahr bei den oft skandalösen Zahlungsabwicklungen und bei den Schutzmaßnahmen gemacht haben, zu einem wichtigen Kriterium geworden.